DedigamaDedigama ist ein kleines Dorf, das geographisch ziemlich genau in der Mitte zwischen Colombo und Kandy liegt, aber, da an einer holprigen Nebenstraße gelegen, selten von Touristen aufgesucht wird. In Dedigama befindet sich der größte Stupa des Insel-Westens, er wird Kotavehera genannt. Dieser Stupa ist einer der ganz wenigen in Sri Lanka, deren Inneres archäologisch untersucht wurde. Man fand eine Vielzahl von Reliquienkammern in seinem Innern. Alle waren unversehrt. Darum kann Dedigama als eine der größten archäologischen Sensationen Sri Lankas im 20. Jahrhundert gelten. Viele kostbare Fundstücke, darunter zahlreiche vergoldete, befinden sich nun im Nationalmuseum in Colombo. Doch das Museum direkt neben dem Stupa kann ebenfalls mit zahlreichen Exponaten aufwarten und gibt einen guten Eindruck vom "Innenleben" des Stupas.
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Kotavehera Stupa in Dedigama
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Dedigama - Riesen-Stupa am Geburtsort König Parakramabahu des Gro´ßen
"Dedigama" wird betont auf der ersten Silbe, gesprochen mit langem deutschen Ä: "Däädigame". Es gibt auch die schreibweise "Dadigama" für dieses Dorf. Es liegt nur drei Kilometer südlich von Nelumdeniya, das seinerseits auf halbem Wege zwischen Colombo und Kandy an der Hauptstraße A1 liegt. Dedigama befindet sich in den westlichen Ausläufern des Berglandes, die Hügel sind mit Wald oder Kautschukbäumen bedeckt, die wasserreichen Täler bilden entlang der Bachläufe langgestreckte Lichtungen für Reisfelder. Die Gegend ist recht hübsch. In früheren Zeiten wählte man Dedigama für eine viel bedeutendere Siedlung als heute wegen der natürlichen Fruchtbarkeit und der geschützten Lage. Dass hier schon in vorchristlicher Zeit gesiedelt wurde, weiß man durch Funde von altertümlichen Brahmi-Inschriften in der Umgebung Dedigamas.
Dedigama ist der Geburtsort Parakramabahus I., der 1153 bis 1186 in Pollonaruwa regierte und einer der mächtigsten Könige in der Geschichte Sri Lankas war. Man nennt ihn auch manchmal Parakramabahu den Großen. Am Ort seiner Geburt ließ Parakramabahu einen der mächtigsten Stupas der Polonnaruwa-Zeit erbauen. Die für Studienreisende interessante Besonderheit dieses Stupas ist, dass Archäologen ihn öffnen durften und darinnen mehrere Reliquienkammern fanden, deren Schätze sich weiterhin großenteils in Dedigama befinden, nämlich in einem Museumsbau in unmittelbarer Nähe des Monumentalstupas. Es ist vor allem der Besuch der Fundstücke dieses Museums, der einen Ausflug nach Dedigama lohnt. Dedigama - GeschichteMit Dedigama verbindet sich bereits die Legende vom König Gajabahu I., der mit überirdischer Kraft 12.000 singhalesische Kriegsgefangene aus dem südindischen Cholareich befreite, dort mit seinen Riesenkräften - "Gajabahu" heißt "Elefantenarm" - einen Flussdamm im Alleingang erbaute und aus Indien den Kult um die heute populärste Göttin Sri Lankas, Pattini, mit heimgebracht haben soll. Seine Eisenkeule habe König Gajabahu (114-136) in seiner ersten Hauptstadt Dedigama rituell beigesetzt, heißt es in der spätmittelalterlichen Lokalchronik Kurunegala Vistaraya.
Im späten vierten Jahrhundert soll König Kittisirimeghavanna in Dedigama eine Residenz errichtet haben für die Prinzessin Ranvali und den Prinzen Danti, die die Zahnreliquie aus Indien auf die Insel verbracht hatten, um sie vor der Zerstörung zu retten. Dies berichtet jedenfalls das Rajavaliya, eine Königschronik der Kandy-Zeit, über einen Ort Kiravälla, der mit Punkhagama bzw. Dedigama identifiziert wird. Die das Mahavansa fortschreibende Chronik Chulavansa hingegen macht kaum Angaben über die genaueren Umstände der Einführung der Zahnreliquie. Doch hell ins Licht der Geschichte trat Dedigama erst im 12. Jahrhundert, also in der Polonnaruwa-Zeit, nämlich als vorübergehende Hauptstadt des Westens, in der die mächtigste historische Herrschergestalt Sri Lankas geboren wurde. Parakramabahus Geburtsjahr ist nicht genau geklärt, es muss um 1123 gewesen sein. Um die Geburt des bald mächtigen Herrschers ranken sich Legenden. Und sie fällt in eine bewegte Zeit von Auseinandersetzungen zwischen zwei Zweigen des singhalesischen Königshauses. Parakrabahus Vater war Manabharana, der der sogenannten Pandya-Linie des Königshauses von Polonnaruwa angehörte. Manabharana war ein Neffe des Vetreibers der südindischen Chola-Usurpatoren und Gründers des singhalesischen Königtums in Polonnaruwa, Vijayabahu. Genauer gesagt: Manabharana war Sohn seiner Schwester Mitta und eines indischen Pandya-Prinzen. Die Pandyas waren die traditionellen südindisch-tamilischen Gegenspieler der Cholas. Manabharana war außerdem verheiratet mit einer Tochter Vijayabahus namens Ratnavali. Dies ist dem Chulavansa-Kapitel 59, Verse 40ff. zu entnehmen, darin lesen wir über diese familiären Verhältnisses Vijayabahus folgendes: "Und der König, der sich seiner reinen Herkunft rühmte, gab nicht seine jüngere Schwester dem König der Cholas zur Frau, obwohl dieser darum ersucht hatte. Sondern er ließ einen Prinz aus dem Haus der Pandus bringen, von reiner Herkunft, und verheiratete ihn mit seiner jüngeren Schwester, der Prinzessin Mitta. Und sie hatte drei Söhne, Manabharana, Kittisirimegha und Siri Vallabha. [...] Und Manabharana gab er seine Tochter Ratanavali." Diese drei Brüder mit Pandya- (gleich Pandu-) Herkunft waren eigentlich nicht erbberechtigt. In der singhalesischen Thronfolge kamen erst die jüngeren Brüder des Königs und nach ihnen sein ältester Sohn an die Macht. Nach Vijayabahus Tod wurde sein Bruder Jayabahu diesen Regeln gemäß König. Doch zu seinem Yuvaraja - d.h. "Jungkönig", also Thronfolger - ernannte Jayabahu Manabharana und überging damit Vijayabahus Sohn Vikramabahu, der sich zu jener Zeit in Ruhuna aufhielt. Der so Übergangene aber zog sofort gen Polonnaruwa und vertrieb Manabharana und seine Brüder und ließ zwar seinen Onkel Jayabahu formell im Amt, aber regierte de facto selbst, während der rein nominelle König Jayabahu nach Rohana verbracht wurde. Manabharana und seine Brüder wurden nun zu Lokalherrschern in den anderen Landesteilen. Manabharana selbst wurde König des Westens, der Dakkhinadesa hieß, was irreführenderweise "Südland" heißt, nämlich deshalb, weil diese Landschaft von Anuradhapura aus gesehen im Süden lag. Zur Hauptstadt seines Regionalreichs wählte Manabharana einen Ort namens Punkhagama, wie aus Chulavansa 61,26 hervorgeht. "Gama" heißt Dorf. Dass seltene Paliwort "Punkha" wird bereits in mittelalterlichen Kommentarwerken mit dem Wort "Däti" erklärt, entsprechend dem älteren Ortsnamen "Detigama". Auch Inschriften aus dem 10. Jahrhundert in der Umgebung Dedigamas erlauben eine Identifizierung mit dem in den Chroniken erwähnten Punkhagama. Manabharana und seine Frau Ratnavali hatten zwei Töchter, aber keinen Sohn. In bereits fortgeschrittenem Alter habe sich deswegen Manabharana zum Tempel Devaraja begeben, dort erfuhr er in einem Traum, dass ihm die Götter einen mächtigen Sohn schenken würden, der seiner Familie zur höchsten Ehre gereichen werde. Bald darauf wurde in Dedigama Parakramabahu geboren. Im Chulavansa (61, 4-20) liest sich diese Geschichte so: "Und der Regent Virabahu [Manabharana], als er sah, dass er nur zwei Töchter hatte, dachte folgendes: Wir, die wir Abkömmlinge des reinen Geschlechts des Mondes sind, das von der ganzen Welt als das Haupt der Generationen aller Könige betrachtet wird, sind in der Tat in einer beneidenswerten Lage, voll aller Macht, vertraut mit verschiedensten Künsten, und tüchtig im Umgang mit Pferden und Elefanten. Trotzdem sind wir drei Brüder immer wieder im Kampf geschlagen und gedemütigt worden durch Vikkamabahu [Vikrambahu], sogar durch ihn allein. Und nun scheint es keine Aussicht mehr zu geben, dass uns ein Sohn geschenkt würde, der diesen Schandfleck von uns abstreifen könnte. Siehe, wie schwer das Ausbleiben des Glücks auf uns lastet! Was nützt mir ein Königtum besudelt mit der Schande der Welt? Darum scheint es mir jetzt richtig, meine Anhänglichkeit an die Freuden der Staatsführung aufzugeben und meine Tage gewissenhaft mit guten Taten zu verbringen. In dieser Weise mit sich selber sprechend, übergab er alle Staatsgeschäfte an seine Minister, und er lebte dort [in der Zurückgezogenheit] sieben oder acht Monate. Und eines Tages, versunken in tiefe Gedanken, nach Verrichtung aller heiligen Vorschriften, legte er sich schlafen in dem Tempel des Götterkönigs. Und siehe! In den frühen Morgenstunden sah der König in einem Traum einen Boten in majestätischer Gestalt, bedeckt von prachtvollen Gewändern, geschmückt mit Salben und Blumen, von außerordentlicher Größe, bis zur Sonne hoch am Himmel, nach allen Seiten hin strahlend mit dem Licht seines Körpers. Und also sprach er zu dem König: 'Heil dir, Herr des Landes, der vom Schicksal begünstigt ist! Freue dich und sei beglückt! Denn nicht lange wird es dauern, dann wird dir ein edler Sohn geboren werden, ausgestattet mit den Zeichen der Größe, fähig, all seine Ziele zu erreichen, mit edlen Geistesgaben, dessen Ruhm und Herrschaft bis zu den Gewölben den Himmels reichen werden, ausgestattet mit Macht und Ansehen, eine Quelle der Tugend, und einer, der sein Volk und die Religion des Landes in Höhen führen wird. Darum nun erhebe dich und begebe dich schnell in die Stadt, wo deine Frau und deine Kinder wohnen!' Darauf erwachte der Herr der Menschen mit einem Gefühl großen Glücks, und sobald die Morgendämmerung der Nacht folgte, kehrte er nach Punkhagama zurück." Der König in Polonnaruwa bot umgehend an, den gerade geborenen Prinzen, dem sein Ruf als Wunderkind schon vorauseilte, an seinem Hof aufzuziehen und zum Thronfolger zu ernennen. Doch Manabharana misstraute dem in Polonnaruwa regierenden konkurrierenden Zweig der Königsfamilie. Manabharana selbst starb nur wenig später. Sein Bruder Kittisirimegha wurde sein Nachfolger in Dakkhinadesa und zog seinen Neffen Parakramabahu groß. In manchen Berichten wird Kittisirimegha auch Vater von Parakramabahu genannt. Aber damit kann nur die Funktion des Stiefvaters gemeint sein, denn Kittisirimegha war sein Onkel. Auch am Hofe des anderen Onkels Sri Vallabha in Rohana hält sich Parakramabahu in seiner Jugend auf. Dessen Tochter heiratet er, Lilavati, die nach Parakramabahus Tod selbst einer der wenigen weiblichen Herrschergesalten des alten Sri Lanka werden sollte. Auch nach Polonnaruwa soll der tatenlustige junge Parakramabahu bereits in jungen Jahren gezogen sein, ehe er seinem Onkel Kittisirimegha nach dessen Tod um 1140 im Dakkhinadesa auf den Thron folgte. Bewässerungsanlagen und Miltärwesen seines Reichs organisierte Parakramabahu bald so effektiv, dass der Westen der reichste Teil Sri Lankas wurde, bewundert und beneidet. Von dieser Machtbasis aus kämpfte Parakramabahu dann auch um den Thron in Polonnaruwa. Nach jahrelangem Ringen wurde er nach dem Tod des Gegners Gajabahu, von dem er in einem Friedensvertrag am Ende zum Thronfolger bestimmt worden war, in Polonnaruwa 1153 zum König gekrönt und erwies sich bald als einer der energischsten Herrscher der Landesgeschichte. Er machte Polonnaruwa zu der glanzvollen Kapitale, die wir heute kennen. Er reformierte den buddhistischen Klerus drastisch. Er sandte Militärexpeditionen nach Indien und Birma, allerdings erfolglos. Vor allem baute er das Irrigatonssystem aus. Sein berühmtester Ausspruch lautet: Kein Tropfen Wasser solle den Ozean erreichen, bevor er nicht den Menschen einen Nutzen gebracht hat. Nach der Niederschlagung einer Rebellion in Rohana 1160 wurde auch dieser Landesteil von ihm kontrolliert. Damit war Parakramabahu einer der ganz wenigen singhalesischen Könige, die die gesamte Insel beherrschten. Und von denen war er auch der letzte (oder vorletzte, denn Nissanka Malla war kurze Zeit auch noch ein bedeutender König in Polonnaruwa). Nach Parakramabahus Königtum gelang die Kontrolle der ganzen Insel erst wieder den Briten im 19. Jahrhundert. Obwohl sich Parakramabahu schon bald nach der Thronbesteigung in Dakkhinadesa eine neue Hauptstadt für den Westen ausbaute, nämlich Panduwasnuwara, blieb er seinem Geburtsort und der älteren Hauptstadt Dedigama verbunden. Er ließ an der Stelle seines Geburtshauses eine kleine Dagoba errichten. Und als er König in Polonnaruwa war, ließ er in allen drei Landesteilen - Rajarata, Rohana und Dakkhinadesa - jeweils einen gigantischen Stupa errichten, den im Westen wiederum an seiner Geburtsstelle, nämlich über dem älteren kleineren Stupa. Dedigama - Kotavehera Stupa![]() Die heutige Riesendagoba von Dedigama (Foto) hat kein halbkugelförmiges Aussehen, sondern wirkt wie auf halber Höhe abgeschnitten. Der obere Abschluss des Stupa ist weder rund noch spitz, sondern eine gewaltige fast ebene Terrasse, die fast so groß ist wie die Grundfläche des Stupas. Die gleiche ungewöhnliche Form weisen auch die beiden anderen Monumentalstupas der Pollonaruwazeit auf, nämlich der Demala Mahaseya in Pollonaruwa selbst und der Ratanavali Chetiya von Yudaganawa bei Buttala über der Asche der Mutter Parakramabahus. Manchmal sieht man sie als unvollendete Dagobas an. Doch die Abflachung auf halber Höhe kann ein eigenes Baukonzept gewesen sein. Auf allen drei derartigen Dagobas steht in der Mitte ihrer breiten Gipfelterrasse ein kleiner Stupa als Abschluss. So könnte es sich bei den "Stupa-Stümpfen" um absichtlichen Verzicht auf Höhe zugunsten der Breite gehandelt haben.
Der gebräuchliche Name der Dagoba von Dedigama ist jedenfalls insofern sehr treffend: "Kotavehera" heißt "kurzer Stupa". "Kota" bedeutet im Singhalesischen wörtlich einen Stummel. Die Dimensionen des Bauwerks sind nichts desto weniger beeindruckend: Es hat 78 m Durchmesser und erreicht eine Höhe von immerhin fast 15 m. Der ursprüngliche Name der Dagoba war Suthigara, wie aus Chulavansa 79,62 bekannt ist: "Und an der Stelle, an der das Haus stand, in dem er geboren wurde, nämlich in dem Dorf Punkhagama, errichtete er den Suthigara Chetiya, hundertundzwanzig Raumeinheiten groß." Wie so oft für singhalesische Namen, finden sich auch für "Kotavehera" viele verschiedene Schreibweisen, so auch "Kotawehera" oder "Kota Vihara". Dedigama - Museum![]() Die Funde aus den zwischen 1947 und 1967 nach und nach geöffneten Reliquienkammern sind im nahe gelegenen Museum zu sehen. Vor dem Museumseingang sind einige Steinplatten aufgestellt. Eine davon hat ein Relief, das einen stark stilisierten Fußabdruck als Symbol Buddhas zeigt (Foto). Man nennt solche Gravuren "Siripagalas" oder auch "Siripatulagalas", was wörtlich "Heiliger-Fuß-Felsen" bedeutet.
![]() Die Parape-Pfeiler-Inschrift (Foto) stammt aus dem 9. oder 10. Jahrhundert und ist in singhalesischer Sprache verfasst. Sie ist wegen der Beschädigung vieler Buchstaben nicht vollständig entzifferbar. Aber eine administrative Einheit namens Parape wird genannt, nach der diese Pfeiler-Inschrift bezeichnet ist. Außerdem wird ein Steuereintreiber erwähnt. Die Stele nennt als Datum ihrer Errichtung das elfte Jahr eines Königs, der aber nicht genauer identifizierbar ist.
![]() Die Gal-Athara-Steintafel (Foto) daneben stammt aus der gleichen Zeit. Sie erwähnt - wie die meisten historischen Inschriften Sri Lankas - Stiftungen, wobei nicht klar ist, ob für eine Person oder für eine Institution. Es wird hinzugefügt, die Stiftung sei so lange gültig wie Sonne und Mond existieren. Sollte irgendjemand dagegen verstoßen, werde er als Hund oder Krähe wiedergeboren.
Das kleine, aber exquisite Museum präsentiert die Grabungsfunde aus dem Kotavehera Stupa von Dedigama sehr übersichtlich. In der Mitte des Raumes findet man eine Nachbildung der Anordnung der neun Haupt-Reliquienkammern des Stupas, in etwas verkleinertem Maßstab. Dies gibt einen sehr guten Eindruck davon, wie der Stupa im Innern gegliedert war, nämlich in drei mal drei Kammern, von denen die mittlere die größte und die vier in den Ecken die kleinsten waren. Die Kammern hatten auch Nebennischen zum Aufstellen von Statuen. Um diesen zentralen Museums-Bereich sind die Fundstücke so sortiert, dass sie sich ihrer jeweiligen Fundstelle gut zuordnen lassen. Neben Münzen, Keramiken und Steinplastiken sieht man einige sehr außergewöhnliche Stücke, dazu gehören vergoldete kleine Buddha-Statuen, Reliquiare in Form kleiner Stupas aus Kristall sowie eine Lampenkonstruktion in der Form eines Elefanten. Den Rundgang beginnt man links, wie bei der Umwandlung eines Stupas. Man sieht dann die Funde auch in der Reihenfolge ihrer Entdeckung: obere zentrale Kammer, untere zentrale Kammer, untere Nebenkammern und drei Kammern des Nebenstupas.
Mit der Erforschung des Inneren des Stupa, das sich dann als unversehrt erweisen sollte, begann man erst in der Zeit der Unabhängigkeit Ceylons, wie Sri Lanka damals noch hieß. Wenige Stupas sind im Innern untersucht worden. Bei manchen ist der technische Aufwand oder die Besschädigungsgefahr zu groß, bei vielen erwartet man keine Funde mehr, bei den meisten ist eine Grabung aus Pietätsgründen undenkbar, da Stupas ja Reliquien enthalten, deretwegen sie von Pilgern aufgesucht werden. Eine Öffnung wäre ein Sakrileg, eine Entfernung der Reliquien eine Zerstörung des Sinns eines Stupas. Vom Kotavehera aber wusste man, dass er zu Ehren einer weltlichen Person erbaut war, eben des Königs Parakramabahu I. Und von dem König wurden keine Heiligen-Legenden erzählt. Deswegen erhoben die Behörden keine Einwände gegen die Öffnung des Stupas. Trotzdem holten die verantwortlichen Archäologen in Bürgerversammlungen das Einverständnis der ortsansässigen Buddhisten ein. Der Zuspruch für das Projekt war groß. Die Neugier überwog die Bedenken. Bei den Grabungen, die in der Mitte durch das Ziegelmauerwerk senkrecht nach unten vorgenommen wurden, stieß man dann 1951 zwei Mal nacheinander, also in zwei verschiedenen Tiefen, auf große horizontale Steinplatten, die offensichtlich die Deckenkonstruktion der gesuchten Reliquienkammern waren. Als man diese Platten entfernte, um die Kammer von oben zu öffnen, war dies beide Male eine Massenveranstaltung mit vielen neugierigen Zuschauern. Bei der Öffnung der zweiten, tiefer gelegenen Haupt-Kammer war auch der Bildungsminister anwesend. Zuerst aber stieß man am 2. Juli 1951 nur vier Meter unter der oberen Terrasse des Stupa auf die obere Reliquienkammer. In ihrer Mitte stand ein etwa 40 cm hohes steinernes Modell eines Stupas in Lotosform, die man Padmakara nennt. Diese Form erinnert an die Lotos-Podeste unter Buddhastatuen. Man kann sie sich vorstellen wie zwei massive runde Schüsseln, von denen die untere mit der breiteren Seite nach unten die Auflage für die zweite etwa gleich große bildet, deren breite Fläche allerdings umgekehrt nach oben zeigt. Anders ausgedrückt: Der Stupa in Lotosform wirkt wie ein nicht allzu hoher Zylinder, der in der Mitte eingeschnürt ist. Lotosform heißt diese Gestalt, weil oberhalb und unterhalb der Einschnürung die Flächen mit einfachen Reliefs verziert sind, die jeweils die acht Blütenblätter eines Lotos darstellen. Man sieht solche Reliefierung wie gesagt häufig ganz ähnlich an den Podesten unter Buddhafiguren. Manchmal wird vermutet, dass dieser Ministupa ein Modell ist und diese Lotosform die ursprüngliche Bauidee für den gesamten Riesenstupa war, die dann aber nur halb umgesetzt wurde. Doch dies ist unwahrscheinlich, da der fehlende Oberbau dann nach oben hin so breit hätte werden müssen, was bei einer Ziegelkonstruktion offensichtlich von Beginn an ein unmöglich zu realisierendes Unterfangen gewesen wäre. Außerdem finden sich an dem Stupakörper des Kotavehera nur glatte Wände und keine Riesenreliefs von Lotosblütenblättern angedeutet. Der Lotos-Sockel der Reliquienkammer trug ein überaus kostbares goldenes und mit Edelsteinen besetztes Reliquiar in der Form eines gewöhnlichen Stupas in der sogenannten Blasenform, also etwa halbkugelförmig mit zentral aufgesetzter Spitze. Dieses Goldreliquiar in Stupa-Form ist 12 cm hoch. ![]() In Nischen an allen vier Seiten der Kammer standen vergoldete Statuetten, die den Buddha in Sitzhaltung abbilden. Über ihn wölbt sich als Bogen ein Makara-Torana, das außergewöhnlich sorgfältig gearbeitet ist und kostbar mit eingesetzten Juwelen verziert. Ein Exemplar sieht man heute im Nationalmuseum in Colombo (Foto). Es ist 16 cm hoch. Die Bronzebuddhas der Polonnaruwa-Zeit sind durchweg nicht sehr groß. Sie sind gegenüber der Anuradhapura-Kunst auch von geringerer kunsthandwerklicher Fertigkeit. Gerade die Polonnaruwa-Kunst lässt deutlich wieder südindische Vorbilder erkennen, wie einst die ersten Anuradhapura-Skulpturen. Wie die Sitzfiguren der Anuradhapura-Zeit zeigen auch die jüngeren der Polonnaruwa-Ära fast ausnahmslos die Virasana-Sitzhaltung und die Geste der Meditation namens Samadhi-Mudra.
Daneben fand man Goldringe, Siegel und Münzen. Eine war geprägt mit dem Namen Parakramabahus. In den Ecken der Kammer befanden sich Leuchter, zwei Stehlampen und zwei Hängelampen. Die Dochte waren verschmort und wiesen Aschespuren auf, was darauf hindeutet, dass sie vor dem Versiegeln der Kammer entzündet worden waren. ![]() Die Hängelampen aus nicht-vergoldeter Bronze (Foto) gehören zu den berühmtesten und erstaunlichsten Fundstücken von Dedigama. An einer Kette hing eine außergewöhnlich schöne Elefantenstatue unter einem mit Edelsteinen besetzten Makara-Torana. Zwei Reiter sitzen auf diesem Elefanten. Der vordere könnte der Gott Indra sein, dessen Reittier ja der Elefant ist. Indra ist der Herr der Kschatriyas, also des Adels, er wäre damit ein geeignetes Symbol in einem Stupa zu Ehren eines Königs. Darum schließt diese Interpretation als Götterpaar auch die andere nicht völlig aus, dass es sich um den Herrscher mit seiner Gemahlin handele.
Die Darstellung von Göttern und Königen wurde in Südasiens Kunst bewusst nicht allzu stark differenziert. Für Sri Lanka sind die beiden Elefanten-Lampen von Dedigama einzigartig. Aber mehrere Vergleichsbeispiele kennt man aus Indien. Darum wird vermutet, es handele sich um Importstücke aus Indien oder aber um Werke indischer Künstler in Diensten Parakramabahus. Der Elefantenkörper war innen hohl. Dieser Hohlraum diente als Speicher für das Öl der Lampenschale. Eine hydromechanische Vorrichtung sorgte dafür, dass in der runden Schale unter dem Elefanten der Ölpegel immer genau bis an seine Füße reichte. Und das funktionierte so: In einem Vorderfuß des Elefanten war eine kleine Röhre eingezogen, die bis in den obersten Teil des Hohlraums im Elefantenbauch führte, der als Behälter für einen Nachfüllvorrat an Öl diente. Fiel der Ölspiegel in der Schale unter das Niveau des Fußes, zog diese Röhre Luft nach nach oben in diesen Hohlraum, während das Öl dieses Hohlraums unten durch das Genital des Elefanten in die Schale abfloss, bis das Niveau des Öls in der Schale die Luftöffnung am Fuß wieder verschloss. Kurz: Der Elefant pinkelte das Öl aus seinem Bauch in die Schale, sobald deren Öl soweit abgebrannt war, dass Luft unter die Pranken des Elefanten kam. Die Öllampen mit den kostbaren Elefantenfigur hingen an einer Kette, in denen einige obere Kettenglieder als kleine Statuen gestaltet waren, es handelt sich um eine Tänzerin, eine männliche Tanzfigur und einen Trommel schlagenden Musikanten. Dieses Sujet ist sehr beliebt in der Kunst der Kandy-Zeit. Aber aus Antike und Mittelalter sind nur wenige solche Beispiele erhalten, zum Beispiel die Reliefs am Löwenbrunnen in Mihintale oder die Reliefplatten an der Prachttreppe von Yapahuwa. Um so außergewöhnlicher ist es, hier in Dedigama dreidimensionale Plastiken mit diesen Motiven nachgewiesen zu haben. Fünf Meter unter dieser ersten Reliquienkammer stieß man im gleichen Jahr 1951 auf eine zweite, die sich etwa in der Höhe des Podests des Riesenstupas befand. Die Entfernung der Steinplatten am 12. Dezember 1951 war wie gesagt ein Großereignis. Man öffnete einen kubischen Raum von etwas mehr als 2m Breite. In der Mitte befand sich dieses Mal ein gemauerter Kasten, er zeigte stilisiert die Form eines Lotos. Darauf stand ein Bronze-Reliquiar in der Form eines Ministupas. In dem befand sich, nach dem Prinzip der russischen Puppen, ein Goldreliquiar, darin wiederum fand man ein Reliquiar aus Bergkristall. In diesem war eine vergoldete Kapsel eingeschlossen, in der sich ein Kügelchen befand, das eine mörtelähnliche Füllung enthielt. Zweifellos war dies die Hauptreliquie des gesamten gigantischen Kotavehera-Stupas. Die beiden Reliquiare des Kotavehera-Stupas von Dedigama sind bislang die einzigen, die man aus der Polonnaruwa-Zeit kennt. ![]() Das besagte Goldreliquiar (Foto) der Hauptkammer ist mit knapp 9 cm kleiner und zudem weniger aufwendig gestaltet als das der ersten Kammer darüber. Seine vergoldeten Seitenflächen sind glatt. Allerdings ist der Stupa-Körper nicht ganz rund, sondern polygonal. Seinen Reichtum macht wie gesagt nicht seine äußere Erscheinung, sondern erst sein Inneres aus, in dem auf der Goldkapsel der Reliquie auch sieben Edelsteine eingesetzt waren.
Außerdem fand man in dieser Hauptkammer ein Dutzend vergoldete Buddhastatuen, allerdings von nicht ganz so hoher kunsthandwerklicher Qualität wie in der oberen ersten Kammer. Sie befanden sich wie in der oberen Kammer in Wandnischen. Insgesamt hat man in der Kotavehera-Dagoba von Dedigama mehr als 20 goldene Buddhabildnisse gefunden.
In den Ecken standen besonders hohe Stehlampen. Daneben lagen wiederum Münzen, Edelsteine, Ringe, Tongefäße sowie bronzene Kobrafiguren. Ein besonders schönes Fundstück ist ein Bronzespiegel mit geometrischen Verzierungen an der Rückseite. Erst später bemerkte man, dass diese Hauptreliquienkammern von weiteren Kammern umgeben war. Auf der gleichen Höhe befanden sich rings um sie acht Nebenkammern, vier in den Himmelsrichtungen, vier in den Eckrichtungen, die wegen der Schwierigkeiten einer Grabung zur Seite erst in den folgenden Jahren geöffnet wurden. Jede Kammer war von großen Steinplatten bedeckt. Alle drei mal drei Kammern zusammen bedecken einen Grundfläche von 8m mal 8m, die Länge und Breite der kleineren quadratischen Eckkammern betrug 1,3m. In ihnen fand man vor allem Naga-Darstellungen in der Form einköpfiger oder dreiköpfiger Kobras. 1955 schließlich stieß man unter dem Kasten der mittleren Hauptkammer auf eine weitere höhlenartige Vertiefung mit einer Reliquienplatte, die man Yantragala nennt. Die Vertiefung nennt man Garbha, was in Sanskrit wörtlich Gebärmutter bedeutet. Uterus ist bei indischen Tempeln zur Bezeichnung des Allerheiligsten geworden, des innersten Schreins mit dem Hauptbildnis der im Tempel verehrten Gottheit. In einem Stupa ist diese Höhle gewissermaßen als tiefster Punkt der an sich leere Urgrund des gesamten Baukörpers. Der Reliquien-Kasten befand sich bei den ältesten indischen Stupas, z.B. in Sanchi, oben auf dem Anda genannten Halbkuppel unter dem abschließenden Ehrenschirm und war von einem gitterartigen fast kubischen Steinzaun umschlossen. Dieses Architekturelement eines Stupa zwischen Halbkugel und Ehrenschirm nennt man Harmika. Man findet deutlich ausgeprägte Harmikas auch an den Stupas Sri Lankas, ja, sie sind sogar deren Unterscheidungsmerkmal gegenüber den Stupas Südostasiens. Allerdings haben die Harmikas in Sri Lanka nicht mehr in der Funktion des Reliquienbehälters. Und am Kotavehera-Stupa von Dedigama gibt es keine solche Harmika, da ja ohnehin die obere Hälfte des Stupas hier nicht aufgebaut ist. Die Reliquiare sind in Sri Lanka in dem Hauptkörper des Stupas oder unter ihm verwahrt. Allerdings bleibt als Erinnerung an die indische Urform des umzäunten Kastens oft eine netzartige Struktur als Relief an dieser Reliquienbox erhalten. Am Boden einer solchen Garbha mit dem Reliquienkasten liegt meist ein Yantragala, eine Steinplatte mit mehreren Vertiefungen nebeneinander. Oft gibt es Dutzende solcher Vertiefungen, so dass das Yantragala ein netzartiges Aussehen erhält. Das Yantragala hier im Kotavehera hat drei mal drei Auslaibungen, entspricht also genau dem Grundriss der neun Reliquienkammern über ihm. "Gala" heißt nur "Stein". Ein Yantra ist ein rituelles Diagramm. Wie ein Mantra den Urgrund der Welt akustisch beschwört, so ein Yantra visuell. Ein Yantra ist ähnlich wie ein Mandala eine symbolische Darstellung des Universums oder der ihm zugrunde liegenden geistigen Struktur. Anders als beim Mandala sind die verschiedenen Weltteile aber nicht durch ikonographische Abbildungen mythischer Wesen repräsentiert, sondern allein durch geometrische Ornamentik. Auch sind Yantras meistens nicht so vielgliedrig und detailreich wie Mandalas. Als solches symbolisches Yantra betrachtet ist das Yantragala vom Kotavehera äußerst schlicht. Das ganze Diagramm besteht hier nur aus den drei mal drei Flächen. Aber gerade sie stehen für die Himmelsrichtungen und damit für die Welt, wie übrigens auch der Stupa insgesamt ein dreidimensionales Symbol des Kosmos darstellt, allerdings seines vertikalen Aufbaus entlang der zentralen Weltachse. Das Yantragala vom Kotavehera enthielt Münzen, Juwelen und Perlen. An der Reliquienbox selbst bemerkte man eine Inschrift in singhalesischen Lettern des 12. Jahrhunderts. Sie gaben in sechs Zeilen eine Palistrophe aus dem Vattaka-Jataka des buddhistischen Kanons wieder. Allerdings war der Schreiber nicht mehr vertraut mit der Orthographie der heiligen Sprache des Theravada-Buddhismus, der Palitext enthielt kleine Fehler: "Nicht können fliegen meine Flügel, nicht können gehen meine Füße, verlassen haben mich die Eltern; zurück weiche jetzt, Feuersbrunst!" Den Sinn dieser Verse versteht man nur im Zusammenhang mit der Erzählung des Vattaka-Jataka. Vattaka ist der Paliname für Wachtel. Das Jataka erzählt, wie der spätere Buddha einst als Wachtel geboren wurde, die ihre zukünftige Buddhaschaft aber durch die magische Kraft ihrer Worte zum Ausdruck brachte. Denn als ein Waldbrand sich dem Nest näherte, in dem der spätere Buddha noch ein unbeholfenes Küken war, verließen die Wachteleltern das Nest und überließen ihr noch nicht flügges Junges seinem Schicksal. Doch dies berief sich auf seine Schwäche und brachte mit dem Spruch das Feuer zum Stoppen. Darum diente dieses kleine Gesicht als eine Art Bannspruch von allen möglichen Gebäuden vor Verwüstungen aller Art. Dieser Zauberspruch ist typisch buddhistisch in vielerlei Hinsicht. Erstens handelt es sich um eine Art Mantra, allerdings um eines, dessen Wirksamkeit nicht Götter herbeibeschwört wie im Hinduismus oder der Erlösung dienlich ist wie im tantrischen Buddhismus, sondern diesseitiges Leiden verhindern soll. Zweitens ist das Feuer buddhistisches Symbol für die Leidenschaften, die das Unheil der Welt des Leidens erst entfacht. Es ist also kein Zufall, dass der spätere Überwinder der Leidenschaften und des Leidens sich bereits als Wachtelküken als Feuerbändiger erweist. Drittens ist diese gesamte Geschichte mit dem rührenden Aspekt der Hilflosigkeit des Kükens Ausdruck des buddhistischen Grundkonzepts, dass gerade durch das Absehen von heftigem Ankämpfen gegen das Ungemach der Welt dessen verheerende Folgen abzuwenden sind. Viertens erinnert der Bannspruch auch an ein Satyakriya, einen kraftvollen Schwur, dem sein Wahrheitsanspruch eine immense innerweltliche Wirksamkeit verleiht: So wahr ich ein hilfloses Küken bin, so sicher soll das Feuer nun stoppen! Fünftens erinnert der Feuer-Bannspruch noch an eine weitere Form ritueller Sprechakte im Buddhismus: an die Paritta-Zeremonien, bei denen Mönche Sutren in einem Zeremonialgesang aufsagen. Diese Paritta-Gesänge mögen zwar aus Rezitationen zu moralischen Unterweisungszwecken hervorgegangen sein, aber im alten Sri Lanka dienten sie wie auch heute noch zur Segnung von Gemeinschaften und Einrichtungen, es wurde vom Rezitieren von Buddha-Worten eine weltliche Schutzfunktion erwartet, dies war der innerweltlich-priesterliche Hintergrund dieses wichtigsten verbalen Rituals auf Sri Lanka. Und schließlich mag es verwundern, dass ausgerechnet in einem Steinernen Stupa ein Schutzspruch gegen Brandgefahr angebracht ist. Eher sollte man einen Schutz gegen Diebe, menschliche Zerstörungswut oder Erdbeben erwarten. Doch ein Stupa ist wie gesagt ein Symbol des Kosmos. Der Kasten steht im Kotavehera da, wo in anderen Stupas der Weltenberg Meru dargestellt ist, und auch das gesamte Ensemble dieser Garbha-Vertiefung erinnert an die Meru-Symbolisierungen in anderen geöffneten Stupas. Die Erde mit dem zentralen Weltenberg Meru ruht aber nach alter indischer Vorstellung auf einem Urozean, und für diesen Urozean steht symbolisch in der Garbha-Vertiefung der Yantra-Stein als Fundament. In den tiefen dieses Urozeans aber stellte man sich in der alten indischen Kosmologie ein züngelndes Feuer vor, das eins die Welt verschlingen werde. Deswegen ist es in diesem Weltbild überaus sinnvoll, in der Nähe dieses Stupa-Fundaments, nämlich an der Unterseite der Reliquienbox, das aus der Tiefe drohende Feuer mit dem zitierten Bannspruch im Bann zu halten. 1958 wurde an der Ostseits des Kotavehera von Dedigama eine weitere erstaunliche Entdeckung gemacht. In dem Ziegelmauerwerk des Riesenstupas befand sich ein kleinerer Stupa von etwa 11m Durchmesser, der einfach überbaut worden ist. Erst 1960 begann man mit seiner Freilegung. Dieser ältere Vorgängerbau enthielt wiederum in seiner Mitte zwei untereinander liegende Hauptkammern sowie eine zusätzliche sehr kleine dritte Kammer nahe der Spitze. Die beiden Hauptkammern darunter waren in diesem Stupa diagonal versetzt, wiesen also nicht mit ihren Seiten, sondern mit ihren Ecken in die vier Himmelsrichtungen. Sie liegen beide in der Höhe des podestartigen dreistufigen Unterbaus der späteren Riesendagoba. In der oberen der beiden Reliquienkammern stand ein großes Tongefäß in der Mitte. Außerdem fand man hier einen Ministupa aus großen Kristallen und mit einem Goldband, wieder vier Ständer als Ecklampen sowie einige Sitzfiguren des Buddha in Dhyani-Mudra, also der Geste der Meditation mit ineinander gelegten Handflächen. In der unteren Reliquienkammer befand sich eine vergoldete Buddhastatue, daneben Keramik-Lampen und Miniatur-Kobras aus Bronze sowie zwei Tongefäße. Untersuchungen der Ziegel dieses überbauten Vorgänger-Stupas ergaben, dass sie aus der gleichen Zeit stammten wie die des Monumentalstupas darüber. Eine populäre Erklärung für den Stupa im Stupa war, dass der kleinere für den Vater Manabharana, der größere für Parakramabahu errichtet wurde. Doch Archäologen geben eine andere Erklärung: Beide Stupas stammen von Parakramabahu dem Großen und erinnern an die Stelle seiner Geburt. Den kleinen ersten ließ er noch als Regionalkönig des Westens erbauen, als er noch nicht über genügend Geldmitel für Großprojekte verfügte. Aber später als mächtiger Herrscher der gesamten Insel wurde der Riesenbau des Kotavehera daneben und darüber von ihm veranlasst, um sich ein monumentaleres Denkmal zu setzen. Im späten Mittelalter blieb Dedigama, das heute nur ein unscheinbares Dörfchen ist, ein bedeutendes Siedlungs- und Herrschaftszentrum der Singhalesen. So galt es neben Kurunegala und Dambadeniya als eine der Hauptstädte bei Regierungsantritt von Parakramabahu II. 1240. Als Hauptstadt diente es eine Zeit lang Parakramabahu V. (1344-59), der allerdings nach Rohana fliehen musste. Doch auch danach blieb Dedigama Lokalregentensitz. Die Tochter des "Mandalika" genannten Gouverneurs in Dedigama wurde zur Hauptkönigin von Parakramabahu VI., dem letzten bedeutenden singhalesischen König vor der Ankunft der Europäer, der in Kotte nahe Colombo residierte. Dedigama, Kegalle Distrikt, Sri Lanka
7.209 Nord, 80.262 Ost |
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