MedirigiriyaMedirigiriya, auch Madirigiriya geschrieben, liegt 24 km Luftlinie nördlich von Polonnaruwa, es ist von dort oder Sigiriya aus ein lohnendes Reiseziel für kulturell interessierte Urlauber. Medirigirya ist atmosphärisch eine der reizvollsten der vielen archäologischen Stätten in Sri Lankas Kulturdreieck. Es war ursprünglich schon in der Anuradhapura-Zeit ein Wallfahrtsort, an dem die Pilger medizinische Ayurveda-Anwendungen erfuhren. Besonderheiten der Ruinenstätte sind eine Vielzahl von noch am Fundort stehenden Buddhastatuen sowie Sri Lankas besterhaltenes Beispiel eines Vatadage-Säulenkranzes um einen zentralen kleinen Stupa. Medirigiriya erlebte seine Blüte in der Polonnaruwa-Zeit, als die hiesigen Mönche politisch einflussreich genug waren, weinen Bürgerkrieg um Polonnaruwa durch Vertragswerke zu beenden.
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Vatadage von Medirigiriya
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Medirigiriya - Sri Lankas schönster Vatadage-Rundtempel der Anuradhapura-Zeit
Medirigiriya liegt 33 Fahrtkilometer nördlich von Polonnaruwa. Es bietet dem Besucher das Musterbeispiel für einen runden Stupatempel, den man aufgrund dieser Kreisform Vatadage nennt, sowie eine vergleichsweise geschlossene und dicht bebaute antike Klosteranlage, die gleichzeitig ein bedeutendes Heilzentrum war. Medirigiriya ist eine idyllische Stätte, obwohl es bisweilen von größeren Busreise-Gesellschaften aufgesucht wird. Doch bleiben die einheimischen Pilger auch hier meist in der Mehrheit.
Der historische Pali-Name für Medirigiriya lautet Mandalagiri, wörtlich "Kreisfelsen". Der Name ist recht bezeichnend für das kreisrunde Hauptheiligtum, das auf dem runden Plateau eines Granitmonolithen steht. Eine deutsche Schreibweise des Ortes lautet Mädirigiriya. Auch die englische Transkription Madirigiriya kommt vor. Medirigiriya - GeschichteDie frühe Nutzung des Ortes durch buddhistische Mönche ist auch im Falle Medirigiriyas durch alte Brahmi-Inschriften belegt. In der Mahavansa-Chronik wird Medirigiriya erstmals im Zusammenhang mit König Kanittha Tissa (166-184) erwähnt, der hier ein Uposathagara gestiftet habe, also eine Versammlungshalle für die höchsten Zeremonien wie Mönchsweihen und Vollmond-Feiern. Der Ausbau des Haupt-Stupa zu einem Vatadage-Rundtempel fällt in die Regierungszeit Aggabodhis IV., dessen singhalesischer Name Agbo lautet. Er galt als so heilig, dass seine Asche als Medizin genutzt wurde, berichtet die Chronik Mahavansa.
Aggabodhi im 7. Jahrhundert war der erste Anuradhapura-König, der zeitweise in Polonnaruwa residierte, in dessen Nähe Medirigiriya ja liegt. Darum ist es kein Zufall, dass die Blütezeit Medirigiriyas mit der späten Anuradhapura-Zeit beginnt, in der Polonnaruwa als zweiter Siedlungs- und Herrschaftsschwerpunkt zunehmend an Bedeutung gewann, und dass Medirigiriyas kultureller Einfluss in der Polonnaruwa-Zeit seinen Höhepunkt erlebte. Doch während der Chola-Invasion aus Südindien muss Medirigiriya im 11. Jahrhundert in Mitleidenschaft geraten sein. Der siegreiche Kämpfer gegen die Chola-Besatzung, Vijayabahu I., ließ den Tempel Ende des 11. Jahrhunderts wieder reparieren. Eine bedeutende Rolle spielte das hiesige Kloster bei der Machtergreifung des wichtigsten Polonnaruwa-Königs, Parakramabahus I. Eigentlich war dieser Regionalfürst des Westens nicht erbberechtigt in Polonnaruwa, aber der alte König Gajabahu II, gegen den er einen Kriegszug nach Polonnaruwa unternahm, hatte keinen Sohn zum Thronfolger. Zwischen den um die Macht in Polonnaruwa kämpfenden beiden Singhalesen-Herrschern vermittelten die Mönche von Medirigiriya, indem sie folgenden Kompromiss vorschlugen: Der alte Gajabahu solle auf dem Thron bleiben, aber den jungen Parakramabahu als Thronfolger einsetzen. Dieser Schlichterspruch zur Beendigung des Krieges soll in zwei Säuleninschriften festgehalten worden sein, von denen eine in Medirigiriya aufgestellt wurde. Man hat hier jedoch keine solche Inschrift gefunden, wohl aber die Kopie andernorts. Auch der nächste bedeutende Polonnaruwa-König, Nissanka Malla, widmete Medirigiriya seine Aufmerksamkeit, was er inschriftlich verewigte. Er besuchte den Mandalagiri auf einer seiner als Pilgerfahrten deklarierten Inspektionsreisen durch sein Königreich. Medirigiriya wurde kurz darauf aufgrund seiner Lage nördlich von Polonnaruwa eines der Hauptopfer des Vernichtungsfeldzugs des Königs Magha aus dem indischen Kalinga, im ersten Drittel des 13. Jahrhunderts. Seitdem war Medirigiriya dem Dschungel überlassen, bis der britische Archäologe H.C.P. Bell die Stätte entdeckte und rasch ihre architektonische Bedeutung erkannte. Die Restaurierung erfolgte durch Paranavitana zwischen 1942 und 1945. Das Areal des Ruinengeländes war ursprünglich mehr als doppelt so groß wie heute, fiel aber im 20. Jahrhundert großenteils neuen Siedlern zum Opfer. Doch die Kernanlage ist erhalten. Das großenteils ummauerte ehemalige Kloster-Gelände ist recht kompakt. Medirigiriya ist auch Fundort zahlreicher bedeutender Bildhauerwerke. Einige Statuen von hier wurden ins Nationalmuseum nach Colombo verbracht. Die Naga-Reliefs und die an Ort und Stelle verbliebenen Statuen wurden immer wieder Opfer von Kunsträubern in dieser einsamen und schwer zu bewachenden Gegend. Es wird auch organisierte Kriminalität hinter diesem Kunstraub vermutet. Medirigiriya - Vatadage![]() Das Klosterareal von Medirigiriya war teilweise ummauert. Eine solche Prakara-Mauer trennt in indischen Heiligtümern den sakralen vom profanen Bereich. Beim Betreten des Klostergeländes durchschreitet man erst eine recht aufwendige Toranlage (Foto).
![]() Gleich dahinter links erhebt sich die Hauptattraktion Medirigiriyas, oder Mandalagiris, wie es damals hieß: der säulenreiche Rundtempel (Foto), der einem Granitrücken aufsitzt, der teilweise noch zusätzlich ummauert wurde, so dass eine fast kreisrunde Plattform für den Tempel entstand.
![]() Die Terrasse für den Stupa auf dem Haupthügel von Medirigiriya hat einen Durchmesser von 28 m. Auf ihr befand sich wahrscheinlich schon seit der Frühzeit des Buddhismus ein kleiner Stupa. Besonders sehenswert ist auch der Granit-Treppenaufgang zur Vatadage-Terrasse. Unten am Beginn des Aufgangs schreitet man durch einen über 3 m hohen Steinrahmen (Foto) , der den Tordurchgang bildet.
![]() Ihr heutiges Aussehen, geprägt durch die konzentrischen Säulenreihen um diesen Stupa herum (Foto), erhielt die Anlage aber erst sehr viel später. In der Zeit von Aggabodhi IV. (667-683) erbaute ein gewisser Malayaraja, was eigentlich "Bergkönig" bedeutet, die von Steinpfeilern getragene Holzkuppel über dem Stupa. Also stammt das Vatadage von Medirigiriya bereits aus dem 7. Jahrhundert. Es handelt sich damit nicht nur um den gelungensten, sondern auch einen der ältesten der für Sri Lanka charakteristischen Rundtempel, obwohl er seine heutige Gestalt erst bei den Restaurierungsarbeiten Vijayabahus im späten 11. Jahrhundert erhalten haben dürfte. Ein Vatadage hatte ein von Säulen getragenes Dach, unter dem die Pilger beim Umrunden des Stupa vor Sonne und Regen geschützt waren. Ein Vatadage ist also ein rundes sogenanntes Stupahaus, ein Chetiyagara.
Die Säulen sind achtkantig, sie wachsen scheinbar aus Lotosblüten heraus, ihre Kapitelle sind noch bestens erhalten. Die 16 inneren Säulen sind in Medirigiriya über 5 m hoch. Den zweiten Kreis bilden 20 Säulen. Die 32 Säulen des äußersten Kreises sind noch über 3 m hoch. Zwischen den Säulen des äußeren Kreises ist gut das Mauerwerk des sogenannten "buddhistischen Zauns" zu erkennen, Vedhika genannt. Weniger gut erhalten ist die Trennwand zwischen den Säulenkreisen. Wie am jüngeren, gleich großen Vatadage von Polonnaruwa und wie ganz analog auch schon bei den älteren Baumtempeln, befinden sich an den vier Kardinalpunkten Altäre für Blumengaben, auf denen auch große Sitzfiguren des Budddha platziert wurden. Am besten erhalten ist die auf der Ostseite. Die vier etwa 1,4 m hohen Buddhasstatuen aus Dolomit können, je nach buddhistischer Schule, als die vier schon erschienenen Manushi-Buddha unserers Weltzeitalters interpretiert werden, also als sterblich wie der Buddha Shakyamuni. Oft werden diese Manushi-Buddhas, wie besonders häufig in den Tempeln Birmas, den Himmelsrichtungen zugeordnet: Krakucchanda dem Norden, Kanakamuni dem Osten, Kaschyapa dem Süden und Schakyamuni, der historisch belegbare Buddha, dem Westen. Oder man interpretiert sie mahayana-buddhistisch als die Thatagathas, die unsterblichen Buddhas, die den Paradiesen vorstehen. Auch sie werden bekanntlich in der Yogachara-Schule, vor allem aus der tantrischen Kunst Tibets bekannt, den vier Himmelsrichtungen zugeordnet: Akshobya im Osten, Ratnasambhava im Süden, Amithaba im Westen und Amoghasiddhi im Norden. Ikonographisch werden sie durch Farben unterschieden, was natürlich hier in Medirigiriya nicht möglich ist. Diese Jinas oder Thatagathas, in der deutschen Kunstgeschichtsschreibung auch Dhyani-Buddhas genannt, sind überweltliche Buddhas des Mahayana, aber auch in der Kunst der Theravada-Insel Sri Lanka belegt. Die Augenhöhlen der Buddhastatuen von Medirigirya sind vertieft und waren wahrscheinlich ursprünglich mit Bergkristall gefüllt. Die Buddhastatuen im Norden und Westen haben einen gelockten Kopf, dagegen haben die Statuen im Osten und Süden einen rechteckigen Vorsprung, der als Halterung für einen separat gefertigten Strahlenkranz diente, von denen hier keiner erhalten ist. Diese Aureolen heißen Prabhamandalas. Alle vier Figuren sitzen auf rechteckigen Podesten. Die Statuen sind etwa ins 7. Jahrhundert zu datieren, möglicherweise aus der Zeit Aggabodhis IV. Unter einer der Säulen dieses Haupthügels von Medirigiriya wurde bei ihrem Geraderücken eine dünne Goldplatte entdeckt mit einer Inschrift, die den Anfang eines berühmten buddhistischen Hymnus wiedergibt: "Hi pi so". Es handelt sich um den Beginn eines Gatha, eines Gesangs, der dem Sutra-Korpus der Heiligen Schriften zugeordnet ist. Die Übersetzung von "Hi pi so" lautet: "So ist er". Das nächste Wort lautet "bhagava" und heißt "der Gesegnete". Gemeint ist der Buddha. Das kurze Lied zählt dann die Eigenschaften und Tugenden des Buddha auf. Dieses Gatha ist ein beliebter Meditationstext. Eine Übung besteht z.B. darin, erst eine einzige Buddha-Tugend auszusprechen, dann mit "Hi pi so bhagava"von vorne zu beginnen und zwei Buddhatugenden aufzuzählen, und dann wieder von vorne anzufangen für drei Tugenden usf. Dabei gilt es, sich auf jede Tugend einzeln zu konzentrieren. Man vergegenwärtigt sich damit nach und nach das, was einen Buddha ausmacht. Und diese Vergegenwärtigung selbst hilft dabei, die entsprechenden Vorzüglichkeiten selbst zu erringen. Dieser "Erwerb durch konzentriertes Benennen des zu Erwerbenden" ist eine magische Ritualform, eine Art Arbeiten an der Erlösung mit einem Zauberspruch. Solche Erlösungstechniken kennt man aus dem tantrischen Buddhismus, wie er in Tibet oder, andersartig natürlich, in Japan praktiziert wird. Doch der Hymnus "Hi pi so" belegt ganz analoge Vorstellungen auch schon für den viel älteren Theravada-Buddhismus, der diese Nutzung magischer Formeln freilich nicht erfunden hat, sondern aus der vorbuddhistischen indischen religiösen Praxis übernommen haben wird. Medirigiriya - Bilderhäuser und Statuen![]() Hinter dem Vatadage befinden sich vier sehr alte sogenannte Bilderhäuser. Drei davon liegen zusammen auf einer Granit-Terrasse, die den etwas niedrigeren Nachbarhügel des Rundtempels bildet. Im südlichsten befinden sich drei Sitzfiguren nebeneinander, im mittleren drei Standbilder (Foto), und der nördliche war für einen liegenden Buddha gedacht. Die Bildnisse sitzender und stehender Buddhas befinden sich noch in situ. Es handelt sich um Skulpturen wahrscheinlich aus der späten Anuradhapura-Zeit, die Zusammenstellung zu Dreiergruppen wird allerdings später typisch für die Polonnaruwa-Zeit werden. Die Bilderhäuser selbst gehören zu den frühesten Formen dieses Bautyps in Sri Lanka, den man auf Pali Pathimagara und auf Singhalesisch Pilimage nennt.
![]() Von der einstigen großen Statue eines Liegenden Buddha ist im engen Innenraum seines dieser Statuenhäuser von Medirigiriya nur noch das Podest gut auszumachen (Foto). Von der Backstein-Konstruktion der Buddhafigur selbst ist so gut wie nichts erhalten.
![]() Am auffälligsten ist aber der Steintrog vor diesem Statuenhaus (Foto). Es ist eine monolithische Wanne, die wahrscheinlich für ayurvedische Kräuterbäder benutzt wurde. Ähnliche Steinwannen kennt man z.B. aus Mihintale. Monolithisch sind sie, um das Abfließen des kostbaren Kräuter-Suds durch Fugen und Ritzen zu vermeiden. Der Steintrog hier erinnert daran, dass wahrscheinlich dieses gesamte Kloster und nicht nur der eigentliche Hospitalbereich einst als Kurzentrum für Pilger diente.
![]() Zu Füßen des Granithügels befinden sich in einem Statuenhaus, einem sehr einfachen und frühen Beispiel für solch ein Pathimagara bzw. Pilimage, noch drei Original-Standbilder des Buddha aus Dolomit, von denen die mittlere die Größte ist. Die Einheimischen nennen dieses Bilderhaus Picchamal Vihara (Foto). Es gilt als eines der besterhaltenen Statuenhäuser der späten Anuradhapurazeit, in der diese Gebäudeform aufkam.
![]() Die Dreizahl der Buddhastatuen (Foto) kann symbolisch für vielerlei stehen: die drei Juwelen des Buddhismus Triratna, also Buddha, Dharma, Sangha, oder für die drei Zeiten, Buddha Kaschyapa für die Vergangenheit, Buddha Schakyamuni für die Gegenwart und Buddha Maitreya für die Zukunft. Auch eine Interpretation des in Medirigiriya sicher präsenten Mahayana-Buddhismus ist denkbar als Trikaya, die drei möglichen Körper eines Buddha. Die drei Buddhas weisen anders als die im gleichen Komplex gefundenen Sitzbuddhas keine Halterungen am Hinterkopf für Heiligenscheine auf. Die Figuren haben eingeritzte Gewandfalten.
Im Gelände befinden sich darüber hinaus noch zwei Pokunas, also Badeteiche für die Mönche. Medirigiriya - Nordareal![]() Das Hospitalgebäude, das etwas im Wald versteckt jenseits des Stupa-bekrönten Hügels (Foto) gegenüber dem Rundtempel liegt, stammt aus dem 9. Jahrhundert. Damals begann die Blütezeit Medirigiriyas, die erst mit der Invasion Kalinga-Maghas Anfang des 13. Jahrhunderts ihr Ende fand.
![]() Das Hospital hat außen 33 Säulen und im Inneren 20 Säulen (Foto). Vermutlich besaßen die Räume bereits Türen.
![]() Wie bei diesen Aroga-Sala („Gesundungs-Saal“) oder Vedahala („Heilwissens-Halle“) genannten Ayurveda-Hospitälern des frühmittelalterlichen Sri Lanka gruppieren sich die Räumlichkeiten um einen zentralen Innenhof (Foto). Alerdings ist die Deutung des Bauwerks als Hospital umstritten.
Von den drei unzerstörten Medirigiriya-Inschriften beziehen sich zwei auf einHospital. Die dritte ist ungewöhnlicherweise in tamilischer Sprache verfasst. Die Kranken-Versorgungs-Inschriften erwähnen Tier-Gaben für das Hospital und dass es den Kranken untersagt ist, sich in das Dorf zu begeben. Medirigiriya, Polonnaruwa Distrikt, Sri Lanka
8.156 Nord, 80.996 Ost |
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